Montag, 4. Oktober 2010

Warum es keine dritte Woche gab, dafür aber viel Religion

„Warum gab es denn keinen Bericht über die dritte Woche des Abenteuers Indien?“ Nun, es gab kein Abenteuer in der dritten Woche. Nur Krankheit. Ich schrieb nichts, ich aß nichts, ich schlief nur und fieberte vor mich hin. Ich musste erfahren, was Heimweh in seiner schlimmsten Form bedeutet, als ich im Krankenhaus auf das Ergebnis meines Bluttests wartete. Kein Dengue, kein Malaria, nur eine Virusinfektion. Dennoch wird diese Woche eine ganz besondere Erinnerung bleiben, auf die ich liebend gern verzichtet hätte.

Doch umso aufregender war die folgende Zeit. Mit neuer Energie, stets mit Obst, Saft und Kopfschutz ausgestattet, stürzte ich mich in ein kleines Lehrerleben. Eine Woche lang jeden Morgen Unterricht am Fergusson College. Bachelor-Studenten, alltägliche Themen wie Essgewohnheiten, Wohnen, Masterbewerbung in Deutschland. Es hat Spaß gemacht, auch wenn eine Stunde dann doch ausfiel, weil Angst in der Luft lag. Am Donnerstag (30.09.) hielt nämlich ganz Indien um halb vier nachmittags die Luft an, starrte auf den Fernseher und erwartete eines der wichtigsten Gerichtsurteile: das Ayodhya-Urteil. Kurzfassung der Vorgeschichte: ein Streit zwischen Moslems und Hindus über einen religiösen Ort. Aktuell geworden durch die Zerstörung einer Moschee im Jahre 1992, die angeblich auf den Ruinen eines Hindutempels erbaut wurde, der den Geburtsort des Gottes Rama markiert. Entschieden wurde nun, das Land aufzuteilen. Dennoch befürchtete man am Tag des Urteils Ausschreitungen, die größten Straßen wurden gesperrt, die Polizeikräfte vervielfacht, der Busverkehr eingestellt, über die Hälfte der Läden geschlossen. Die Geschichte geht weiter, denn es gibt noch ein höheres Gericht, an das sich beide Parteien wenden werden.

Religion war dann auch das Thema des letzten Wochenendes: gemeinsam mit Maike, die hier ein Praktikum bei einer Tageszeitung macht, besichtigte ich buddhistische und hinduistische Höhlenanlagen in Ajanta und Ellora. Es gibt keine treffenden Worte für diese jahrtausende alten architektonischen Meisterwerke. Ein atemberaubendes Erlebnis, das nur durch die unfassbare Hitze getrübt wurde.

Innerhalb von zwei Tagen konnte ich so einen kleinen Einblick in Indiens Vielfalt erhaschen: unendliche Weiten, Berge, Dschungel, arme Dörfer, Affen in den Bäumen, Kühe und Ziegen auf den Straßen. Und immer wieder beschäftigte mich die Frage nach dem Leben der Menschen, denen ich hier in dieser ländlichen Gegend begegnete.

Ein Höhepunkt dieses Ausflugs war sicherlich die Replik des Taj Mahal. Unverzeihlich im Grunde, dass die Zeit und das Geld fehlen, um den „echten“ zu besuchen, dennoch ein unvergessliches Erlebnis. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass Maike und ich dieses beeindruckende Bauwerk in den Schatten stellten und mindestens genauso oft als Fotomotiv gewählt wurden wie das marmorne Prachtstück. Eine sehr befremdliche Erfahrung, wenn die eigene Person plötzlich zur Sensation wird.

Doch es bleibt – wie immer in diesem Land – kaum Zeit, Luft zu holen. Goa erwartet mich, außerdem zahlreiche Hospitationen und Seminare zu „Krabat“, die ich ganz allein leiten werde. Außerdem helfe ich gerade der nächsten Praktikantin aus Göttingen bei der Eingewöhnung. Die Tage sind also gewohnt kurz, schnelllebig, überraschend und chaotisch. Trotzdem wandern die Gedanken vor dem Einschlafen zurück an die Lieben daheim. Denn daraus schöpfe ich die Ruhe und die Kraft für jeden neuen Tag des Abenteuers Indien.


Geschenke der Studierenden

Mein Arbeitsplatz: das Ranade Institut

Hotelzimmer in Aurangabad

Tomato Omelette... schärfstes Ding der Welt!

Ellora








Sari-Weberin





Daulatabad



Bibi-Ka-Maqbara (der "kleine" Taj Mahal)








Ajanta








Masala Dosa mit Antje

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